Wer ein treuer und langjähriger Begleiter des Weinguts ist, hat mit aller Wahrscheinlichkeit schon viele Flaschen, und somit verschiedenste Etikettenversionen, in den Händen gehalten.
An welchem Tag genau Toni Junior den Entschluss fasste, Tabula Rasa zu machen und das große Projekt „Etikettenrelaunch” anzugehen, lässt sich nicht zurückdatieren. Fakt ist, dass er seit Jahren nicht hundert- prozentig zufrieden war, sich nie dachte „Das ist es!”. Durch die innerliche Unzufriedenheit getrieben gab es in der Vergangenheit diverse Impulse, die Etiketten neu zu gestalten und so machte man sich 2017 an einen ersten Relaunch. In der anfänglichen großen Euphorie war man vollständig davon überzeugt die Weinreben, die in der Form nur mit der Familie Piribauer in Verbindung gebracht werden können, seien der ultimative optische Aufhänger. Statt des übergroßen Piribauerlogos schmiegten sich nun die sanften Umrisse der piribauer’schen Weingärten um die Flasche.
Spoiler: Toni war nach einiger Zeit nicht mehr zufrieden. Zu generisch, zu oft gesehen, und außerdem wollte man die Marke Piribauer international positionieren. Es musste also etwas Neues her, das diesen Spirit verkörperte.
In einem ersten Brainstorming war man sich jedenfalls einig, wie die Positionierung NICHT aussehen sollte: kein Familienkult – der Wein muss sich auch unabhängig von der Familie Piribauer verkaufen. Und weg vom Heurigenbetrieb. Außerdem sehnte sich der geschichtsaffine Toni schon immer danach, den Ursprung des Weinbaus in unserer Region in irgendeiner Weise auf den Etiketten widergespiegelt zu finden. Auch die keltischen Runen hatten es ihm angetan.
Kleiner Geschichtsexkurs
Die Heilquelle in Bad Sauerbrunn war mit großer Sicherheit schon den Kelten wie den Römern bekannt. Ausgrabungen auf dem Wurthberg (Wetterkreuz) im Jahr 1927 lassen darauf schließen, dass die Siedlung, die sich vom Lamenwald in Pöttsching bis zum keltischen Neudörfl erstreckte, wohl im 1. Jahrhundert nach Christus gegründet wurde. Die Lage war nicht nur durch die genannte Heilquelle attraktiv: man befand sich auf dem direkten römischen Straßennetz zwischen den Städten Vindobona (Wien) und Scarabantia (Ödenburg), zu deren Großkommune auch unsere Gegend gehörte. Zeugen unserer keltisch/römischen Geschichte sind z.B. der „Keltenberg”, bei dem 1958 im Zuge der Neufassung der Quelle keltische Funde gemacht wurden. Einige Fundstücke dokumentieren ein friedliches Zusammenleben zwischen Kelten und Römern in unserem Siedlungsgebiet, das wohl bis zum 4. Jahrhundert nach Christus bestanden hat. Wann genau es aufgelöst wurde, weiß man nicht genau, allerdings ist das Ende wahrscheinlich auf die beginnenden Völkerwanderungen und klimatischen Veränderungen zurückzuführen.
Die entscheidende Idee für das Redesign kam (wie so oft) ganz unaufgeregt – es war wohl während dem Duschen, Zugfahren oder Kochen – und wie es bei guten Ideen so ist, fügte sich alles rundherum wie von selbst zusammen. Die Inspiration dazu lieferten die jüngsten archäologischen Ausgrabungen an der Schnellstraße Höhe Bad Sauerbrunn im Jahre 2021. Es wurden Funde aus verschiedenen Epochen freigelegt, und zwar von der Jungsteinzeit über die Besiedelung durch die Römer bis in das Frühhochmittelalter Ende des 10. Jahrhunderts. Die Grabungen beweisen einerseits, wie oben erwähnt, eine dichte Besiedelung der Gegend und andererseits eine frühe Weinbaukultur, die von den Römern betrieben wurde.
Die Grundlage für die interessanteste Idee für die neuen Etiketten lag also direkt vor der Haustür: die BODENSCHÄTZE waren geboren. In dem Wort vereinen sich auf mehreren Ebenen Handwerk und Kultur, Historie und Gegenwart. Denn wie einst die Römer und Kelten, deren kulturelles und historisches Erbe noch immer tief in unserem Boden konserviert ist, kultiviert das Weingut Piribauer auf den Hügeln der Rosalia den Wein, in dem alle Schätze des Bodens vereint zu Tage befördert und trinkbar gemacht werden.
Das neue, allumfassende Konzept erlaubt also eine authentische, gute Geschichte mit mehreren Erzählsträngen. Die Basis dafür bietet die Historie des Weinbaus sowie die eigene – denn beides ist tief in der Familie Piribauer verwurzelt. Die Kostbarkeiten im Boden als stille Zeugen der Geschichte der Region, sowie der Wein selbst als Bodenschatz können als Schwerpunkte in allen Kommunikationsebenen Einzug finden, was eine internationale Positionierung mit Hand und Fuß ermöglicht.
Optisch umgesetzt wurde das Konzept von dem Team rund um Anna Gruber (Idee und Layout), Sebastian Wiesinger (Illustrationen und Layout) und Angelika Gruber (Strategie und Konzept).
Und was sagt Toni dazu? „Des is’!”