Das letzte Mal, dass wir mit Michl Piribauer jun. gesprochen haben, war am Tag seines 14ten Geburtstages. Damals schon ein Junge mit ungewöhnlicher Weitsicht, war er gerade am Sprung nach Klosterneuburg in die Weinbau-Schule, um sich dort zum Wine-Maker ausbilden zu lassen. Danach wolle er ein paar Jahre ins Ausland, um Erfahrungen zu sammeln. Ja und nun, sechs Jahre später, erreichen wir ihn in Südtirol. Im malerischen Kaltern an der Weinstraße südlich von Bozen, wo er vor beinahe einem Jahr am Weingut des Grafen Goëss-Enzenberg angeheuert hat.
Die historischen Gebäude des Weingut Manincor datieren auf 1608, das Familienwappen - zu Deutsch in etwa „Hand aufs Herz“ - ist heute noch auf der Fassade des Hauses zu sehen. Seit 1991 leitet Michael Graf Goëss-Enzenberg die Geschicke des Hauses und hat es mit viel Liebe und Herzblut sowie den nötigen Investitionen zu einem hochprofessionellen Betrieb umgebaut. Heute ist es das größte private Weingut Südtirols.
Abends könne er gut telefonieren, wenn die Arbeit des Tages getan und auch in Manincor Ruhe einkehrt ist, lässt uns Michl ausrichten. Hier beworben habe er sich eigentlich noch direkt von der Schule weg und als er erfuhr, dass es geklappt hat, sei er ohne Zögern hergekommen und habe es bisher keinen Tag bereut!
Sein Tag beginnt um 07:30 Uhr und dauert in etwa 10 Stunden. Gemeinsam mit einem Team von vier Leuten ist er vorwiegend im Weinkeller beschäftigt und genießt dort eine sehr vielseitige Ausbildung. Die Kollegen kommen von überall auf der Welt und die Kellersprache ist Englisch. Da käme ihm jetzt die Zeit in der Bilingual Junior High School zugute, wo schon der Unterreicht zum Teil auf Englisch war, meint Michl. Mit Kellermeister Alistair Khamhing aus Australien versteht er sich bestens und auch sonst ist das Arbeitsklima am Weingut sehr gut. Mit erfahrenen Profis zu arbeiten sei genau seines und es passe voll für ihn, schwärmt er. Der Betrieb agiere auf höchstem Niveau und die professionelle Arbeitshaltung entspräche genau seinem eigenen Anspruch. Auf Manincor werde sehr viel Handwerk ins Weinmachen gesteckt, erzählt Michl und auch die bio-dynamische Arbeitsweise lobt er. Es werde „viel g’schaut, aber wenig eingegriffen“ zeigt er sich begeistert und er könne sich auf jeden Fall viel davon mitnehmen für daheim. Denn à la longue sei das schon der Plan, dass er eines Tages wieder heimkehren werde von seiner Walz. Auch daheim in den Betrieb einzusteigen könne er sich gut vorstellen.
Das Weingut ist mit 50ha wohlbestellt und es gibt genug Zeit und Platz für die jungen Mitarbeiter, sich auszuprobieren, was Michl sehr schätzt. Immer wieder haben sie die Möglichkeit, eigene Projekte zu starten. So haben sie neben ihrer Arbeit schon Grappa destilliert, Bier gebraut, Wermuth und Cider erzeugt und natürlich auch ihren eigenen Wein gekeltert. Verkauft werden diese Erzeugnisse im hauseigenen Shop, besonders erlesene Produkte sind für Stammkunden reserviert.
Als nächstes verschlägt es den jungen Piribauer an den Lukashof in die Pfalz zur Lese, wohin ihn seine Kollegin Fabienne, die zweite Kellermeisterin auf Manicor vermittelt hat. Zu Weihnachten geht es dann nach Hause und wenn alles klappt, ab dem Frühjahr weiter nach Australien. Heimweh hat Michl eigentlich nicht viel. Zur Familie hält er dennoch engen Kontakt, was man auch merkt, wenn man die Daheimgebliebenen auf ihn anspricht. Egal, mit wem man sich bei den Piribauers über Michl unterhält, alle wissen etwas über ihn zu berichten. Freude und Stolz sind ihnen dabei ins Gesicht geschrieben.